Rallervegen – Norwegen 2020 (Teil III)
Rallervegen
Wenn man einen Norweger nach dem schönsten Radweg fragt, wird man oft den Rallervegen als Empfehlung bekommen. Die Strecke verläuft parallel zur Bergenbahn und Flåmbahn. Der Rallervegen führt durch den Hallingskarvet- Nationalpark. Die bekannteste Route ist ca. 80 Kilometer lang und beginnt bei Haugastøl auf rund 1000 Metern. Sie schlängelt sich an Finse, Hallingskeid und Myrdal vorbei und führt schließlich zum Dorf Flåm am Aurlandsfjord. Eine weitere Wegvariante führt von Myrdal aus nach Voss. Der Rallarvegen ist Teil der Nationalen Fahrradroute 4 in Norwegen.
Ich entschloss mich für beide Streckenabschnitte des Rallervegen. Bevor ich in Voss aufbrach habe ich mich noch für mehrere Tage mit Lebensmittel eingedeckt. Auf dem Rallervegen gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten.
Der Streckenabschnitt zwischen Voss und Myrdal ist größtenteils asphaltiert. Die Aussicht auf den rauschenden und kristallklaren Fluss am Wegesrand war unbeschreiblich schön. Was die Trinkwasserversorgung in der Wildnis angeht, hat man in Norwegen normalerweise keine Probleme. Das Wasser aus schnell fliesenden Gewässern (Flüssen) kann man im Regelfall bedenkenlos trinken. Ich hatte zur Sicherheit einen Wasserfilter dabei, hab diesen jedoch fast nie benutzt. Das Wasser aus stehenden Gewässern sollte man nicht trinken!
Zwischen Upsete und Myrdal muss man eine Station mit der Bahn durch den Gravhalstunnel fahren, da es für diesen Abschnitt keine direkte Umgehung für Radfahrer gibt. Man kann die Tickets Online in der App von der Norwegischen Bahngesellschaft VY buchen. Eine Fahrradmitnahme ist möglich. Die Fahrt dauert lediglich 5 Minuten.
Vom Bahnhof in Myrdal ging es für mich weiter Richtung Flåmtal. Es empfiehlt sich die Abfahrt nach Flåm mit möglichst wenig Gepäck am Fahrrad zu machen, da diese stellenweise sehr steil ist. Eine Zwischenlagerung des Gepäcks ist im Bahnhof von Myrdal möglich, falls man wieder mit der Flåmsbahn zurückfahren möchte. Der erste kürzere Teil der Abfahrt ins Flåmtal führt über 21 Serpentinen mit 18% Gefälle abwärts. Nach diesem ersten sehr steilen Teilstück geht es für die nächsten 15 Kilometer wieder gemächlicher und konstant abwärts in das Dorf Flåm am Aurlandsfjord. Das Flåmtal ist ein absolutes Highlight für Radfahrer und Wanderer. Hier durchquert man eine traumhafte Bilderbuchlandschaft. Als ich Flåm ankam, gönnte ich mir erst mal bei einer Bäckerei eine der leckeren norwegischen Zimtschnecken. Die sogenannten Kanelboller sollte man sich in Norwegen auf keinen Fall entgehen lassen.
Eine Fahrt mit der Flåmsbana soll zu den schönsten Bahnstrecken der Welt gehören. Ich entschied mich deshalb für eine Fahrt von Flåm zurück nach Myrdal und wurde nicht enttäuscht. Die alten Zugwaggons der Flåmsbahn sind noch sehr gut erhalten. Unterwegs kommt man an tosenden Wasserfällen vorbei.
Am Bahnhof in Myrdal schnappte ich mir wieder mein Gepäck und machte mich auf den Weg nach Hallingskeid und Finse. Dieser Streckenabschnitt des Rallervegen ist komplett frei von Autoverkehr. Hier trifft man nur gelegentlich andere Mountainbiker, Wanderer und einige Schafe. Der komplette Streckenabschnitt besteht hier aus groben Kies- und Schotterwegen. An einigen Stellen ist es schwer mit viel Gepäck zu fahren. Am besten befährt man den Rallervegen mit einem Mountainbike oder einem soliden Reiserad. Die Strecke ist vor allem zwischen Hallingskeid und Finse anspruchsvoll.
Die Wildcampingspots auf dem Rallervegen sind genial. So viel Natur und Wildnis bekommt man auf Radwegen nur selten geboten. Apropos Wildcamping. Das Jedermannsrecht ist in Norwegen ein traditionelles Recht aus uralten Zeiten. Man kann in Norwegen überall auf dem Land sowie in den Wäldern oder Bergen sein Zelt für eine Nacht aufstellen. Ausgenommen hiervon sind bewirtschaftete Felder und Rastplätze. Man sollte aber darauf achten einen Mindestabstand von 150 Metern zum nächsten bewohnten Haus bzw. zur nächsten bewohnten Hütte einzuhalten.
Beim Zelten entlang des Rallervegen ist man mit einem zusätzlichen Moskitonetz gut beraten. Vor allem entlang von Flüssen und Seen wird man hier ohne Moskitonetz/Spray von den Biestern aufgefressen.
Nach zwei Tagen auf dem Rallvegen bin ich in Haugastøl angekommen. Ab hier ging meine Fahrt wieder in die Zivilisation zurück. Mein nächstes Ziel war der Winterskiort Geilo. Da für die nächsten 30 Stunden Starkregen angesagt war, entschied ich mich für ein trockenes Plätzchen in einem Hotel in Geilo. Am nächsten Tag legte ich einen Ruhetag ein.
Wie es auf meiner Radreise durch Norwegen danach weiterging, erfährst du in meinem nächsten Blogbeitrag zum Mjølkevegen.